Die wilde Jagd am Rosenberger Gut
500 Besucher beim 5. Perchtentreffen – "Altes Brauchtum zeitgemäß erhalten"
Lackenhäuser. Rosenberger Gut kurz vor sechs Uhr. Längst ist es dunkel geworden um das historische Gemäuer. Der Platz vor dem Rosenium füllt sich. In der sternenklaren Nacht erwarten annähernd 500 schaulustige Besucher gespannt den Auftritt der fünf Gruppen mit etwa 150 Perchten.
Plötzlich ertönt rhythmisches Stampfen, dumpfe Schellenklänge hallen durch die mondhelle Nacht. Die Kirchdorfer Wolfsauslasser biegen um die Ecke. Der Hirte, Chef der Gruppe, steht mit seinem kunstvoll verzierten Hirtenstecken an der Spitze des "Wolfes", er gibt den Takt vor. Mit ihren bis zu 30 Kilogramm schweren Glocken veranstalten die jungen Männer und Frauen einen unglaublichen Lärm. Nach dem Marsch zum Feuerkorb in der Mitte des Rosenium-Gartens kommen auch die Zuschauer in den Genuss des Spektakels.
Dass Geister keine Grenzen kennen, bewiesen die Gruppen aus Österreich. Die Schärdinger Teufelsperchten und die Haugstoa Teifen ebenfalls aus Schärding – beide krankheitsbedingt etwas reduziert – sowie die Sauwald Teufel aus Enzenkirchen kamen in den Bayerischen Wald, um den guten alten Brauch mit einem großen Perchtentreiben in Erinnerung zu halten. Aus Feuer und Rauch bricht die "Wilde Jagd" los. In ihren Fellen und Masken sehen sie recht gruselig aus und erschrecken die Menschen, wenn sie plötzlich auf sie zustürmen. Mit Glocken und Ketten machen sie auch einen Höllenlärm, sind aber sonst völlig harmlos. Die Teufel, Geister, Hexen, Krampusse und Engel streicheln Kinder und "peitschen" auf sanfte Art das Böse von den Besuchern weg. Eindrucksvoll sind auch die Feuerschlucker, wenn sie meterlange Flammen in den Abendhimmel schießen.
Die Dreiflüsseteufel aus Passau setzen den Höhepunkt mit 35 Perchten zum krönenden Abschluss. Mit ihrer gigantischen Show begeistern sie auch den letzten Zuschauer restlos. Sie sorgen mit einer großartig einstudierten Choreografie und einer spektakulären Feuershow, untermalt mit harten Techno-Rhythmen, für einen bühnenreifen Auftritt. Eine ganze Reihe historisch kostümierter Perchtengestalten, wie der Berchtlrabada, die Zamperin mit ihrer Muada und der Schiachpercht begeistern in ihren gruseligen Masken, Fellen und Umhängen die vielen Besucher. Der weiße Percht, der das Gute darstellen soll, fasziniert die Perchtenfans von Anfang an. Mystische Klänge begleiten das Hexeneinmaleins: "Du musst verstehn, aus Eins mach Zehn, und Zwei lass gehn, und Drei mach’ gleich, so bist du reich. Verlier die Vier, aus Fünf und Sechs, so sagt die Hex, mach Sieben und Acht, so ist’s vollbracht. Und Neun ist Eins, und Zehn ist keins. Das ist das Hexen-Einmal-Eins."
Zwischen all den großen Perchten wuseln plötzlich die Nachwuchsläufer der Dreiflüsseteufel. Die Mini-Perchten, im Alter von fünf bis zwölf Jahren, stehen den Erwachsenen in ihrer Begeisterung nicht nach. Neugierig, wie Kinder nun mal sind, dringen sie auch ins Rosenium ein und überraschen die Bewohner. Von hoch erfreut bis ängstlich reagieren die Bewohner. Natürlich erschrecken die kleinen Bösewichte niemanden.
Dann wird es still – alle Geister stehen reglos – der große Gute betritt die Szene; was heißen soll: Das Böse ist besiegt, die Geister sind vertrieben.
Die Gruppen wurden für ihre großartigen Auftritte mit anhaltendem Beifall belohnt. Abschließend konnte jeder interessierte Besucher gerne mit einem Percht seiner Wahl ein "Selfie" machen.
"Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, die Zuschauer zu begeistern", sagen die Vorstände Daniel Maier und Andreas Bogner. "Gute Geister sollen die Menschen begeistern. Unser Grundprinzip ist der Kampf des Guten gegen das Böse. Wir wollen das alte Brauchtum, der Zeit angepasst, aufrechterhalten."
Am Festplatz konnten die Besucher mit Glühwein, Bratwurst und Gulasch den kleinen Hunger stillen. Für die gemütliche Einkehr hatten das Wirtshaus "Zum Rosenberger Gut" und das Personal vom Rosenium gesorgt.
Bürgermeister Walter Bermann erklärte im Interview mit Moderator Tobias Rettich von "unser Radio": "Mittlerweile hat die Veranstaltung Kultstatus erlangt. Sie passt hervorragend an diesen ehrwürdigen Ort, der in zwei Jahren den 200. Geburtstag feiert. Ich finde, dass das Ambiente dem Brauchtum auch gerecht wird."
Die Feuerwehr Lackenhäuser sorgte, wie schon in den vergangenen Jahren, für eine unfallfreie Park- und Straßenordnung. Die komplette Organisationsmannschaft um den Wirtshauschef Armin Ramesberger leistete den ganzen Tag über Höchstleistung, nur so konnte der Abend ein Erfolg werden.
Annette Kern war es wichtig, der Feuerwehr Lackenhäuser für deren Unterstützung sowie Bürgermeister Walter Bermann für 100 Euro Zuwendung aus dem Brauchtumstopf der Gemeinde zu danken. Der Bürgermeister selbst sieht darin auch ein Zeichen für die enge Verbundenheit der Kommune Neureichenau zum Rosenberger Gut, in dem auch ihr "Stifter-Museum" untergebracht ist.
Der Garten, die angenehmen leichten Minusgrade und der mondhelle Abend passten hervorragend zusammen. Nach zwei Stunden ging mit einem farbenfrohen Feuerwerk der gruselig schöne Abend zu Ende. Die Organisatoren, Armin Ramesberger, Simone Bernecker, Graziela Reischl, Anette Kern und Nina Schätzl sind sich einig: "Das Treiben wird auch 2017 wieder stattfinden."